Summer School 2018
Summer School Literaturübersetzen 2018
Kurzweilige Einblicke in die Theorie und Praxis des Literaturübersetzens für Studierende, Berufsübersetzer und alle Interessierten - das war auch in diesem Jahr wieder Ziel der Summer School des Masterstudiengangs Literaturübersetzen vom 05. bis zum 07. Juli.
„Die Aufgabe des Übersetzers“ – an diesem zeitlosen Aufsatz von Walter Benjamin aus dem Jahr 1923 kommt am Anfang des Studiengangs niemand vorbei. Es war also nur folgerichtig, dass nach der Eröffnung durch Prof. Birgit Neumann auch die Summer School 2018 mit einem Vortrag über „The Task of the Translator“ begann. Lebhaft legte Professorin Vivan Liska von der Universität Antwerpen dar, wo und wie sich der französische Schriftsteller Maurice Blanchot und der Literaturtheoretiker Paul De Man in ihren Versionen des Textes von Benjamin jeweils vertan haben, sei es, weil sie zu stark interpretiert, mit Benjamins Denken nicht ausreichend vertraut gewesen oder den Text schlicht nicht verstanden haben. Die „reine Sprache“ fand man an diesem Nachmittag nicht, aber die Zuhörer haben in einer unterhaltsamen Auftaktveranstaltung selbst erlebt, wie die Auseinandersetzung mit der Übersetzung auf das „Original“ zurückwirkt – in diesem Fall, das Verständnis von Benjamins wegweisendem Aufsatz vertiefte. Wenn das nicht ganz in Benjamins Sinne war.
In den letzten Jahren gingen dem deutschen Buchmarkt bis zu sieben Millionen Leser verloren. Deshalb sieht auch der Arbeitsmarkt für Übersetzer und Lektoren im Moment alles andere als rosig aus. Einen äußerst realistischen Einblick in ihre Arbeit gab am Donnerstagvormittag die Cheflektorin der Abteilung Übersetzungen im Kiepenheuer & Witsch Verlag, Helga Frese-Resch. Als Lektorin müsse sie sich mittlerweile genau so viel um Marketingstrategien kümmern wie um die sprachliche Qualität der Manuskripte, berichtete Frau Frese-Resch. Für Studierende gilt wohl nicht Bange machen lassen, auf Können und Glück setzen! Denn mal ehrlich, sah die Arbeitsmarktprognose für Geisteswissenschaftler jemals anders aus?
Ihre Mutter stammt aus Australien, der Vater ist Engländer. Die Familie „down under“ besteht aus hartgesottenen Farmern, die ihren Vater als „milkbottle“ bezeichneten. Die Schriftstellerin Evie Wyld ist zwischen den Kontinenten und den Kulturen aufgewachsen. Eine besonders fruchtbare Position für die Literatur, wie es scheint. So hätten in ihrer Phantasie stets Wesen, Figuren und Ereignisse aus der australischen Kindheit herumgegeistert, wie etwa der Hai, mit dem es der Onkel aufgenommen hatte. In ihren Romanen, wie etwa After the Fire, A Still Small Voice, erweist sich Evie Wyld als Meisterin der Atmosphäre. 2013 fand sie sich auf der berühmten Liste der „Best Young British Novelist“ des Literaturmagazins GRANTA wieder. Die Zuhörer im Saal lernten eine äußerst aufgeschlossene Autorin kennen, die mit viel Selbstironie wirklich jede Frage beantwortete und auch über Morgenmuffeligkeit und Schreibblockaden sprach. Ihr nächster Roman spielt u.a. in Schottland, aber auch hier wird natürlich ein Hai auftauchen.
„For Sale: Baby shoes – never worn.“ Es sind nur einige Wörter, aber sie erzählen viele mögliche Geschichten. Flash Fiction heißt dieses Genre, zu dessen Übersetzung Helena Küster, Dozentin für Literaturübersetzen in Düsseldorf, am Freitagmorgen einen Workshop anbot. Ursula Bachhausen gab Tipps für die Übersetzung von Dialogen aus dem Spanischen. Margitt Lehbert stellte die Tücken der Lyrikübersetzung am Beispiel der Gedichte von Les Murray heraus und Pauline Kurbasik führte durch zwei Stunden Übersetzungspraxis französischer Unterhaltungsliteratur.
Wie auch in den vorherigen Jahren bot die Summer School wieder eine gelungene Mischung aus Theorie und Übersetzungspraxis. Auch nach Veranstaltungsende fanden sich Übersetzer, Studierende, Wissenschaftler und die Autorin zu angeregten Gesprächen und Austausch zusammen.